Aphorismen
Hier lesen Sie von mir ausgewählte Aphorismen, die ich als Schlüssel für unsere Gegenwart zu bedenken gebe. Jede Woche kommt ein neuer zur Sammlung hinzu, die hier nach Schlagworten sortiert ist.
Bibel
- Die Bibel ist sehr leicht zu verstehen. Aber wir Christen sind ein Haufen von intriganten Schwindlern. Wir geben vor, sie nicht verstehen zu können, weil wir genau wissen, dass wir, in dem Moment, in dem wir sie verstehen, verpflichtet sind nach ihr zu handeln.
Sören Kierkegaard
Christentum
- Jetzt entscheidet unser Geschmack gegen das Christentum, nicht mehr unsere Gründe.
Friedrich Nietzsche - Verstecke sind unzählige, Rettung nur eine, aber Möglichkeiten der Rettung wieder so viele wie Verstecke.
Franz Kafka - Die symbolisch-poetische Erzählung von der jungfräulichen Geburt enthält nun Elemente, welche, buchstäblich und geschichtlich zu nehmen, der wahrheitliebende Christenglaube unsrer Zeit von Wissenschafts und Verstandes wegen sich sträubt.
Adolf Sydow (1872) - Radikal verstanden, meint Zugehörigkeit zu einer Kirche das Austreten aus allen familialen, tribalen, nationalen Besessenheiten und den Eintritt in eine pneumatische Kommune, in die Meta-Nation der Getauften. In dieser Hinsicht ist das Christentum ein gescheitertes Projekt.
Peter Sloterdijk - Die Einheit mit dem Judentum wird für das Christentum eingeschränkt durch seine Zuständigkeit für die ganze Welt. Zum Christentum gehört historisch wie sachlich immer auch der Kontrast zum Judentum. Dies ist kein Plädoyer für Polemik.
Matthias Dreher - Die Kirche hat nicht das Christentum der Welt anzupassen, sie hat nicht einmal die Welt dem Christentum anzupassen; sie muss vielmehr in der Welt eine Gegenwelt bewahren.
Nicolás Gómez Dávila - Ich habe ja nichts gegen das Christentum. Aber man sieht: Es nützt nichts.
Kurt Tucholsky
Demokratie
- Der demokratische Politiker übernimmt nicht die Ideen, an die er glaubt, sondern die, von denen er glaubt, dass sie siegen.
Nicolás Gómez Dávila - Was alle angeht, können nur alle lösen. Jeder Versuch eines Einzelnen oder einer Gruppe, für sich zu lösen, was alle angeht, muss scheitern.
Friedrich Dürrenmatt - Der kluge Weg, Menschen passiv und gehorsam zu halten, besteht darin, das Spektrum akzeptabler Meinungen streng einzuschränken, aber eine sehr lebhafte Debatte innerhalb dieses Spektrums zuzulassen – und sogar kritischere und dissidente Ansichten zu fördern. Das gibt den Menschen das Gefühl, dass freies Denken im Gange ist, während die Voraussetzungen des Systems durch die Grenzen der Debatten immer weiter verschärft werden.
Noam Chomsky (1998) - In den demokratischen Republiken geht die Tyrannei … unmittelbar auf den Geist los. Der Machthaber sagt hier nicht mehr: 'Du denkst wie ich, oder Du stirbst'; er sagt: 'Du hast die Freiheit, nicht zu denken wie ich ..., aber von dem Tag an bist Du ein Fremder unter uns. Du wirst Dein Bürgerrecht behalten, aber es wird Dir nichts mehr nützen ... . Wenn Du Dich einem unter Deinesgleichen nähern willst, so wird er Dich fliehen wie einen Aussätzigen; sogar wer an Deine Unschuld glaubt, wird Dich verlassen, sonst meidet man auch ihn. Gehe hin in Frieden, ich lasse Dir das Leben, aber es ist schlimmer als der Tod.'
Alexis de Tocqueville, aus: Die Demokratie in Amerika - Diejenige Staatsform wird die relativ beste sein, in der am deutlichsten wird, dass die Obrigkeit von oben her, von Gott her ist, in der ihr göttlicher Ursprung am hellsten durchscheint. Ein recht verstandenes Gottesgnadentum der Obrigkeit in seinem Glanz und in seiner Verantwortung gehört zum Wesen der relativ besten Staatsform.
Dietrich Bonhoeffer, Ethik - In der liberalen Demokratie besteht der unvermeidliche Gegensatz von Freiheit und Gleichheit, die einander ausschließen. Wir sind entweder frei oder gleich.
Erik Ritter von Kuehnelt-Leddihn - Wo nicht mehr gewagt wird, oben zu sein, und wo man es nicht mehr ‚nötig zu haben glaubt‘, unten zu sein, wo das Obensein seine Begründung nur von unten her sucht – also wo der Vater seine Autorität aus dem Vertrauen der Kinder oder die Obrigkeit die ihre aus ihrer Popularität herleitet – dort entsteht kein echtes ethisches Reden mehr, dort bricht schon das ethische Chaos herein.
Dietrich Bonhoeffer, Ethik - Der Amtsmissbrauch und die Bestechung sind in demokratischen Zeiten die letzten Schutzräume der Freiheit.
Nicolás Gómez Dávila
Deutschland
- Die Neigung, sich für fremde Nationalitäten und Nationalbestrebungen zu begeistern, auch dann, wenn dieselben nur auf Kosten des eignen Vaterlandes verwirklicht werden können, ist eine politische Krankheitsform, deren geographische Verbreitung leider auf Deutschland beschränkt ist.
Otto von Bismarck - Jedwedem volke scheint es von natur eingeflößt sich abzuschließen und von fremden bestandtheilen unangerührt zu erhalten. der sprache behagt es nur im heimischen kreise, nicht länger als er zwischen seinem ufer wallt, hält der strom seine farbe lauter. allein der strom hat selbst zuletzt in die weite meerflut einzumünden: völker grenzen an völker, friedlicher verkehr, krieg und eroberung verschmelzen ihre schicksale. aus den mischungen mag unerwartetes hervorgehen, dessen gewinn gegen den verlust, den die unterdrückung des heimischen elements nach sich zog, abgewägt werden darf.
Jacob Grimm - Deutschlands politische Sehnsucht heute liegt im Verschwinden.
Heinz-Gerd E.
Diakonie
- Humanität besteht darin, dass niemals ein Mensch einem Zweck geopfert wird.
Albert Schweitzer - Ein Gutseinwollen an sich, gewissermaßen als Selbstzweck, als Lebensberuf, verfällt der Ironie der Unwirklichkeit. Aus dem echten Streben nach dem Guten wird hier die Streberei des Tugendboldes.
Dietrich Bonhoeffer, Ethik - Impfen ist gelebte Liebe zu Gott.
Wolfgang Huber - Das soziale Streben und die damit verbundene schöne Sympathie breitet sich immer weiter aus. In Leipzig hat sich ein Komitee gebildet, das aus Mitgefühl mit den armen alten Pferden beschlossen hat, dieselben zu essen.
Sören Kierkegaard
Ehe
- Sie verkürzen sich die Zeit mit Kopfrechnen: er zieht die Wurzel aus ihrer Sinnlichkeit und sie erhebt ihn zur Potenz.
Karl Kraus - Zwischen Männern und Frauen ist keine Freundschaft möglich. Da gibt es Leidenschaft, Feindschaft, Verehrung, Liebe, aber keine Freundschaft.
Oscar Wilde - Die Ehe ist die Vereinigung eines Mannes mit einer Frau zu einer auf Dauer angelegten Lebensgemeinschaft, begründet auf freiem Entschluss unter Mitwirkung des Staates, in der Mann und Frau in gleichberechtigter Partnerschaft zueinander stehen und über die Ausgestaltung ihres Zusammenlebens frei entscheiden können..
Bundesverfassungsgericht 2002
Ethik
- Wohltätige Frauen sind oft solche, denen es nicht mehr gegeben ist, wohlzutun.
Karl Kraus - Man muss den Menschen vor allem nach seinen Lastern beurteilen. Tugenden können vorgetäuscht sein, Laster sind echt.
Klaus Kinski - Aktive Gleichgültigkeit nennt sich Mitleid.
Don Aminado - Manchmal wird eine gute Sache zuschanden, weil die menschlichen Werkzeuge, die sie in die Hand genommen haben, nicht wert sind, zu triumphieren.
Wilhelm Löhe - Niemals zeigt sich die Natur des Menschen bestialischer, als wenn sie zur Ehre der höchsten Ideen ins Wüten gerät.
Jacob Grimm - Die Philanthropie, scheint mir, ist einfach die Zukunft solcher Leute geworden, die ihre Mitmenschen zu belästigen wünschen.
Oscar Wilde - Ideale sind gefährlich. Realitäten sind besser.
Oscar Wilde - Mit drei Gegnern hat sich die Ethik auseinanderzusetzen: mit der Gedankenlosigkeit, mit der egoistischen Selbstbehauptung und mit der Gesellschaft.
Albert Schweitzer
Ewigkeit
- Die heutige Kirche scheut die Bedeutung des Todes angesichts der Ewigkeit wie der Teufel das Weihwasser.
Matthias Dreher - 94. Man muss die Christen ermutigen, darauf bedacht zu sein, dass sie ihrem Haupt Christus durch Leiden, Tod und Hölle nachfolgen.
95. Und so dürfen sie darauf vertrauen, eher durch viele Trübsale hindurch in den Himmel einzugehen als durch die Sicherheit eines Friedens.
Martin Luther, 95 Thesen
Freiheit
- Wenn die Theologen und die Theologie von den Gemeinden, vom Glauben und Vorstellen der Masse abhängig werden, so kann von der Theologie als Wissenschaft nicht ferner die Rede sein.
Eduard Zeller - Die Freiheit "hat" man nicht - wie irgend etwas, das man auch verlieren kann -, sondern die Freiheit "bin ich".
Viktor Frankl
Gericht
- Der Mensch wird abgerichtet, oder er wird hingerichtet.
Frank Wedekind - Wir wollen die kleinen Leiden, die schon da sind, treulich zur Übung benützen und den Herrn bitten, daß Er uns an ihnen zu Seinem heiligen Martyrium und für die Krone der Überwinder reifen lasse.
Wilhelm Löhe - In der Tat befürwortet die Massenkultur seit langem die Übergabe der Akten des Jüngsten Gerichts in menschliche Treuhandschaft.
Peter Sloterdijk - Nur unser Zeitbegriff lässt uns das Jüngste Gericht so nennen, eigentlich ist es ein Standrecht.
Franz Kafka
Gesellschaft
- Nichts kann so handgreiflich unhaltbar oder unzulänglich sein, was nicht als neueste errungenschaft der erkenntnis begierig aufgegriffen würde. Auch das geistige leben hat seine epidemien.
Hermann Usener - Es fehlt ... Bürgerlichen häufig der Mut. Linke sind wesentlich mutiger in dem, was sie sich wagen und trauen. Selbst wenn sie stigmatisiert werden oder angegriffen werden, rinnt es an ihnen ab. Bürgerliche ertragen das nicht so sehr leicht, wenn sie dann schief angeschaut werden von Freunden, von Bekannten, selbst von Familienmitgliedern. Das hält nicht jeder aus.
Erika Steinbach - Schwarze Leggings schieben das Abendland ein beträchtliches Stück weiter über den Abgrund.
Matthias Dreher - Die Verwesung der modernen Welt nicht zu spüren, ist ein Indiz der Ansteckung.
Nicolás Gómez Dávila - Wissen Sie, am Vormittag demonstrieren sie für den Klimawandel und sagen: Folgt der Wissenschaft! - Am Nachmittag ist jegliche Form von Biologie eine Konstruktion.
Lisa Eckhart - Die Rede von "Einzelfällen" dient dazu, Strukturschwächen zu kaschieren. -
Dann gibt es gar keine "Einzelfälle"? -
Nein. Wie sollte man vom "Einzel-Fall" im Plural sprechen können?
Matthias Dreher
Glaube
- Wenn man einmal das Böse bei sich aufgenommen hat, verlangt es nicht mehr, daß man ihm glaube.
Franz Kafka - Wissenschaft ist nur eine Hälfte. Glauben ist die andre.
Novalis - Der Weg vom religiösen Gefühl zum Dogma ist unendliche Male weiter als der vom Dogma zum religiösen Wahnsinn.
Arthur Schnitzler - Ein Glaube wie ein Fallbeil, so schwer, so leicht.
Franz Kafka - Der Gegenstand der Theologie ist das, was uns unbedingt angeht. Nur solche Sätze sind theologisch, die sich mit einem Gegenstand beschäftigen, sofern er uns unbedingt angeht.
Paul Tillich - Religion, Gott selbst - eher nicht! Ich verachte es auch nicht. Religion ist immer noch eine wunderbare Betätigung für all jene, die sich irgendwie fanatisch engagieren möchten, aber nicht zum Veganismus durchringen können.
Lisa Eckhart - Religion, Gott selbst - eher nicht! Ich verachte es auch nicht. Religion ist immer noch eine wunderbare Betätigung für all jene, die sich irgendwie fanatisch engagieren möchten, aber nicht zum Veganismus durchringen können.
Lisa Eckhart - Wir alle müssen darauf vorbereitet sein, dass das Leben uns den Glauben an das Gute und Wahre und die Begeisterung dafür nehmen will. Aber wir brauchen sie ihm nicht preiszugeben.
Albert Schweitzer - Ich will nicht wissen, ob mein Glaube die höchste und unüberbietbare Form des religiösen Lebens ist, sondern ich will einfach wissen, ob wahr ist, woran ich glaube!
Rudolf Bultmann - Auf halbem Wege zwischen Glaube und Kritik liegt die Herberge zur Vernunft. Die Vernunft ist der Glaube an etwas, das man ohne Glauben verstehen kann; doch bleibt es noch immer ein Glaube, denn verstehen setzt voraus, dass es etwas Verstehbares gibt.
Fernando Pessoa - Ich ging in die Messe wie in ein großes Geheimnis und aus ihr wie auf eine Lichtung. So war es wirklich und ist es wirklich noch immer. Nur ein Wesen, das nicht mehr glauben kann und erwachsen ist, mit einer Seele, die sich daran erinnert und weint, kennt Erfindung und Verstörung, Verwirrung und kalten Stein.
Fernando Pessoa - Ganz ohne Gewaltverherrlichung ist das Christentum nicht zu haben.
Matthias Dreher - Was ist fröhlicher als der Glaube an einen Hausgott!
Franz Kafka
Glück
- Das Glück begreifen, daß der Boden, auf dem du stehst, nicht größer sein kann, als die zwei Füße ihn bedecken.
Franz Kafka - Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit, das Geheimnis der Freiheit ist aber der Mut.
Thukydides - Wo Moralismus ist, herrscht notwendig der Schrecken - als Geist der Selbstablehnung, und der Schrecken schließt Glück aus.
Peter Sloterdijk - Die Sorge saugt das Glücksmotiv auf. Wer an diesem festhalten will, muß darum nach kynischem Muster lernen, die Vormacht der Sorge zu brechen.
Peter Sloterdijk
Gottesdienst
- Die Zeremonie ist das geistige Werk des Körpers.
Hugo von Hofmannsthal - In der protestantischen Kirche ist … der Gottesdienst lediglich eine Veranstaltung, die Mitglieder der Gemeinde über die Schranken des Irdischen und Selbstischen hinaus zur Gottwürdigkeit zu erheben.
Hermann Usener
Jesus
- Kein Mensch sieht so aus, wie er wirklich ist.
Georg Christoph Lichtenberg - Jesus - da ist mit zwei Silben ausgesprochen, was der Himmel in sich hält und was die Kirche auf Erden zusammenhält.
Wilhelm Löhe - Besser Christus einmal über den Fluß tragen als den Vater durchs ganze Leben.
Peter Sloterdijk - Wer – wie Jesus – stets den innersten Kern der Herzensgesinnung im Auge hat, wer alle irdischen Schätze und Freuden so wie ein pures Nichts behandelt, von dem kann man nicht erwarten, dass er irgendwie Wert auf eine sinnliche, äußerliche Glückseligkeit gelegt habe.
William Wrede
Kirche
- Es gibt kein widerwärtigeres Schauspiel, als wenn aus einem Menschen ein Berufspfaffe wird.
Christian Morgenstern - Eine Kirche, die nichts anderes ist als eine wohlwollende, sozial nützliche Gruppe, sollte durch andere Gruppen ersetzt werden, die nicht den Anspruch haben, Kirche zu sein. Eine solche Kirche hat keine Existenzberechtigung.
Paul Tillich - Mit berechtigter Entrüstung verwerfen wir Evangelischen eine Kirche, die unser Herr nie gedacht, gelehrt, gewollt hat, welche unter dem Vorgeben göttlicher Autorität erkannten dogmatischen Irrthum oder gar hierarchisch ersonnene Lüge zu einer seligmachenden Wahrheit stempeln will. Solch Kirchenthum wird selbst zu einer großen conventionellen Lüge.
Adolf Sydow (1872) - Wenn Positionen zwischen Extremwerten per se einen Bezug zu Grauwerten haben, dann ist die Kirche, als sichtbare Einrichtung, eine von Grund auf graue Affaire, sie bildet eine Institution, in der schon früh das Gemischte, das Zweideutige am Werk ist.
Peter Sloterdijk - Billige Gnade heißt Gnade als Schleuderware, verschleuderte Vergebung, verschleuderter Trost, verschleudertes Sakrament; Gnade als unerschöpfliche Vorratskammer der Kirche, aus der mit leichtfertigen Händen bedenkenlos und grenzenlos ausgeschüttet wird; Gnade ohne Preis, ohne Kosten.
Dietrich Bonhoeffer - In dem Augenblick, in dem der Fanatiker – ganz gleich welcher Religion – der Obrigkeit zum Munde redet, wird er ein Pfaff.
Kurt Tucholsky - Die rechte, wahre Kirche ist gar ein kleines Häuflein, hat kein oder gar wenig Ansehen, liegt unter dem Kreuze. Aber die falsche Kirche ist prächtig, blühet und hat ein schön groß Ansehen wie Sodom.
Martin Luther - Wer um das Jahr 2050 auf den Niedergang der evangelischen Kirche blicken wird, kann wohl erkennen, dass dieser Niedergang begann, als 200 Jahre vorher die Weiche von der Pastorenkirche hin zur Laienbeteiligung gestellt wurde.
Matthias Dreher - Die Sozialpädagogik ist zum Virus mutiert, das Kirche und faktisches Evangelium zerfrisst.
Matthias Dreher
Kreuz
- Wer deine bittersten Feinde sind? Unbekannte, die ahnen, wie sehr du sie verachten würdest, wenn du sie kenntest.
Arthur Schnitzler - Noch spielen die Jagdhunde im Hof, aber das Wild entgeht ihnen nicht, so sehr es jetzt schon durch die Wälder jagt.
Franz Kafka - Der Theologe der Herrlichkeit nennt das Schlechte gut und das Gute schlecht. Der Theologe des Kreuzes nennt die Dinge, wie sie wirklich sind.
Martin Luther, Heidelberger These 21
Kunst
- Ich ziehe alle Exzentrik eines Durchschnittsgeistes den zahmen Arbeiten eines bürgerlichen Dummkopfs vor.
Arthur Cravan - Jeder große Künstler sieht Sinn in der Provokation. Nur Langweiler sehen das Schöne im Schönen.
Arthur Cravan - Der Künstler steht da zwischen dem Endlichen und Unendlichen; wo beide aneinanderstoßen, fängt er den Blick des Gewitters auf, hält ihn fest und gibt ihm ewige Dauer.
Jacob Grimm - Der größte Teil der kulturellen Produktion der letzten Jahrzehnte wäre durch einfaches Turnen und zweckmäßige Bewegung im Freien mit großer Leichtigkeit zu verhindern gewesen.
Bertolt Brecht - Die Kunst ist ein Luxus, den der Mensch braucht.
Bertolt Brecht - Ich bin der einzige Künstler, den die Natur kopiert.
Salvador Dalí
Leben
- Man kann die Ereignisse jahrelang mit Humor hinnehmen, aber letztlich bricht das Leben einem doch immer das Herz.
Michel Houellebecq - Alle Anstrengung, auch die ihren Lohn in sich trägt, rechnet doch auf Dank oder Freude von Menschen.
Hermann Usener - Je älter man wird, mit desto mehr fäden wird man ans leben gebunden, und diese ziehen in dem masse hin und her, als unsere beweglichkeit sich verringert.
Hermann Usener an Dilthey - Der Zweck einer Sache, die nicht bloß ein totes Mittel ist, muß in ihr selbst liegen. Wären wir dazu geschaffen, um wie der Magnet sich nach den Norden kehrt, einen Punkt der Vollkommenheit, der außer uns ist und den wir nie erreichen könnten, mit ewig-vergeblicher Mühe nachzustreben: so würden wir als blinde Maschinen nicht nur uns, sondern selbst das Wesen bedauern dürfen, das uns zu einem Tantalischen Schicksal verdammte, indem es unser Geschlecht bloß zu seiner, einer schadenfrohen, ungöttlichen Augenweide schuf.
Johann Gottfried Herder - Wenn die Eltern schon tigern, wie können noch Hühner zu Fröschen werden?
Matthias Dreher - Leute, welche uns ihr volles Vertrauen schenken, glauben dadurch ein Recht auf das unsrige zu haben. Dies ist ein Fehlschluss; durch Geschenke erwirbt man keine Rechte.
Friedrich Nietzsche - Sich kennt er, den anderen glaubt er, dieser Widerspruch zersägt ihm alles.
Franz Kafka - Es genügt, dass die Schönheit unseren Überdruss streift, damit unser Herz wie Seide zwischen den Händen des Lebens zerreißt.
Nicolás Gómez Dávila - die wasserprobe
Hierbei wird die Faust geballt
Daß der frosch zu boden knallt
Hier die magd die motten putzt
Daß der wind die dämpfe stutzt
Hierbei wird ein dampf verschluckt
Daß der greise bammel zuckt
Daß der warmen fische ei
Knall und fall ins einerlei
Max Ernst - Ich betreibe nicht Küchenpsychologie für deren kleine Pathologie.
Lisa Eckhart - Eine Frau, die mit einem Archäologen verheiratet ist, darf sich glücklich schätzen, denn je älter sie wird, desto interessanter wird sie für ihren Mann.
Agatha Christie - Wem nicht in empfänglicher begeisterter Jugendzeit das Ewige sich ins Herz gesenkt und die Empfängnis lebendiger, Leben fordernder und gebender Gedanken hinterlassen hat, der hat hienieden nichts zu verarbeiten als Überkommenes.
Hermann Usener - Es gibt Gelegenheiten, wo es einen unendlich schmerzlich berühren kann, einen Menschen zu sehen, der ganz allein steht in der Welt. So sah ich neulich ein armes Mädchen, das ganz allein zur Kirche ging, um konfirmiert zu werden.
Sören Kierkegaard - Ein Rätsel sollte man sein, für andere wie für sich. Ich studiere mich selbst; bin ich dessen müde, so rauche ich zum Zeitvertreib eine Zigarre und denke: Gott mag wissen, zu was er mich eigentlich erschaffen hat, was er aus mir herausbringen will.
Sören Kierkegaard - Versuchungen sollte man nachgeben; wer weiß, ob sie wiederkommen.
Oscar Wilde - Werde doch blau, grüner Rinnstein! Meine Küken wollen lieber blau fressen.
Fifi ist verrückt geworden. Fifi will nur noch grüne Küken braten. Fifi.
Johannes Baader, aus „Fifi“ - Es gibt kein Haben, nur ein Sein, nur ein nach letztem Atem, nach Ersticken verlangendes Sein.
Franz Kafka
Liebe
- Gerechtigkeit kann es nur geben, wo es auch Liebe gibt.
Dietrich von Hildebrand - Die rechte Grundlage für eine Ehe ist gegenseitiges Missverstehen. Nein, ich bin durchaus nicht zynisch, ich habe nur meine Erfahrungen, was allerdings auf dasselbe herauskommt.
Oscar Wilde - Die sinnliche Liebe täuscht über die himmlische hinweg; allein könnte sie es nicht, aber da sie das Element der himmlischen Liebe unbewußt in sich hat, kann sie es.
Franz Kafka - Wir lieben niemanden. Wir lieben nur die Vorstellung die wir von jemandem haben. Wir lieben unser eigenes Konzept der Liebe, wir lieben uns selbst.
Fernando Pessoa
Politik
- In früheren Zeiten bediente man sich der Folter. Heutzutage bedient man sich der Presse. Das ist gewiss ein Fortschritt. ... Wir werden vom Journalismus beherrscht.
Oscar Wilde
Predigt
- Belehrung findet man öfter in der Welt als Trost.
Oscar Wilde - Christus, der Gekreuzigte und Auferstandene begegnet uns im Worte der Verkündigung, nirgends anders. Eben der Glaube an dieses Wort ist in Wahrheit der Osterglaube.
Rudolf Bultmann - Gegen den einzelnen Text als solchen hat der Prediger überhaupt keine Verpflichtung. Er hat eine Verpflichtung gegen die Sache, deren Ausdruck der Text ist, und gegen die Hörer; alles andere ist bloßes Darstellungsmittel.
William Wrede - Der Prediger kann vom Dichter lernen: Nicht die bloße Idee, sondern das Wirkliche, nicht das Allgemeine, sondern das Individuelle und Einzelne, nicht das Abstrakte, sondern das Anschauliche ist es, was Eindruck macht und Interesse weckt.
William Wrede - Die Predigt des Wortes Gottes ist Wort Gottes.
Heinrich Bullinger - In Ausnahmefällen kann eine Predigt auch erbaulich sein. In der Regel ist sie gut, wenn mindestens eine Person aus der Kirche austritt; sozial, institutionell oder biologisch. Alles andere ist gelangweilte Routine, Dekoration oder Firlefanz.
Matthias Dreher
Qualität
- Niveau sieht nur von unten aus wie Arroganz.
Klaus Kinski - Niemand ist zu gut für diese Welt. Menschen, von denen dies gesagt wird, sind vielmehr in irgendeinem Betrachte nicht gut genug.
Chrisian Morgenstern - Die Klugen erkennt man in der Regel daran, dass sie Unterscheidungen treffen, die noch nicht populär sind.
Peter Sloterdijk - Alles menschliche Reden von Gott außerhalb des Glaubens redet nicht von Gott, sondern vom Teufel.
Rudolf Bultmann - Der Mensch ist und bleibt ein zur Einseitigkeit verurteiltes Wesen; mit Hingabe läßt sich nur je ein Ding betreiben.
Hermann Usener - Öffentliche Meinungen - private Faulheiten.
Friedrich Nietzsche - Die Welt ist einfach in zwei Klassen geteilt - jene, die das Unglaubliche glauben, wie die Öffentlichkeit - und jene, die das Unwahrscheinliche tun.
Oscar Wilde - Anbiederung ist das letzte Aufflackern der Bordlampen vor dem Aufprall.
Volksmund - Ich sehe, was passiert, wenn Leute zu gut funktionieren; dann ist das eigentlich vom Niveau her nicht das, was ich mir vorstelle.
Christian Thielemann
Recht
- Wer das Recht auf seiner Seite fühlt, muß derb auftreten: ein höfliches Recht will gar nichts heißen.
Johann Wolfgang von Goethe
Sprache
- Wenn in der Seele wahrhaft das Gefühl erwacht, daß die Sprache nicht bloß ein Austauschungsmittel zu gegenseitigem Verständniß, sondern eine wahre Welt ist, welche der Geist zwischen sich und die Gegenstände durch die innere Arbeit seiner Kraft setzen muß, so ist sie auf dem wahren Wege, immer mehr in ihr zu finden und in sie zu legen.
Wilhelm von Humboldt
Sünde
- Künstlich die Triebe zu wecken, um sich an ihrer Befriedigung zu bereichern, ist das unverzeihliche Verbrechen des Kapitalismus.
Nicolás Gómez Dávila - Manche leben in dem Wahn, das Leben nicht als Geschenk des Schöpfers zu empfangen, sondern es aus eigener Kraft zu beschaffen, aus sich selbst, statt aus Gott zu leben.
Rudolf Bultmann
Tod
- Leben heißt sterben, denn wir haben in unserem Leben nicht einen Tag mehr, der nicht ein Tag weniger wäre.
Fernando Pessoa - Vernünftig ist wie tot. Nur vorher.
quadrasophics.com - Für die Geschichte sind eigentlich nur die Dinge von Wichtigkeit, deretwegen man in den Tod geht.
Adolf von Harnack - Durch die sichere Aussicht auf den Tod könnte jedem Leben ein köstlicher, wohlriechender Tropfen von Leichtsinn beigemischt sein - und nun habt ihr wunderlichen Apotheker-Seelen aus ihm einen übel schmeckenden Gift-Tropfen gemacht, durch den das ganze Leben widerlich wird.
Friedrich Nietzsche - Da der Tod der wahre Endzweck unseres Lebens ist, so habe ich mich mit diesem wahren, besten Freund des Menschen so bekannt gemacht, dass sein Bild allein nichts Schreckliches mehr für mich hat.
Wolfgang Amadeus Mozart
Wahrheit
- Das Böse weiß vom Guten, aber das Gute vom Bösen nicht. Selbsterkenntnis hat nur das Böse.
Franz Kafka - Die Welt muß romantisiert werden. So findet man den ursprünglichen Sinn wieder.
Novalis - Der Mensch besteht in der Wahrheit. Gibt er die Wahrheit preis, so gibt er sich selbst preis.
Novalis - Wahrheit bedeutet Mut. Das Befugtsein, die volle Wahrheit zu sagen, gehört denen, die den Mut dazu haben.
Jacob Grimm
Welt
- Das Schlechteste, was man von einem Gott behaupten kann, ist, daß es ihn nicht gibt, das Schlechteste, was der Welt nachzusagen wäre, ist, daß nur Realisten in ihr eine Chance haben. Man vergißt, die Erklärung hinzuzufügen: Der wahre Name eines Orts, an dem man nichts Realitätswidriges tun kann, ist Hölle. Realisten und Teufel sind dramaturgisch dasselbe Personal.
Peter Sloterdijk